on gesinnungskunst


 

Der Vorwurf, dass die Intendantin Shermin Langhoff das Maxim-Gorki-Theater in Berlin „zunehmend auf politischen Kulturkampf und Gesinnungstheater“ reduziere (Dieter Neuendorf, AfD), ist kein Einzelfall.


Wir fragen uns:
Besteht tatsächlich die Gefahr der „Gesinnungskunst“?
Oder ist das der erste Schachzug der AfD im „Kulturkampf“, den die „neue Rechte“ zu ihren Gunsten heraufbeschwört?
Ist Kunst politisch? Sollte sie es sein? Kann sie anders?


Also erstmal bin ich froh, dass diese Fragen gestellt werden, ansonsten reden alle nur über sich selbst auf Facebook und über ihr kulturelles Kapital. 


Ich kann hier sagen, dass ich mit dieser Fragestellung der AfD sympathisiere. Nicht, dass ich diesen Eindruck teile, aber ich finde es zustimmungswürdig, dass DIE KATEGORIE aufgemacht wird.


Jetzt werden schon wieder alle M.A.-Dramas und alle anderen Gutmenschen, die das hier lesen zum Anstaltsleiter rennen und für mich einen Generalausschluss beantragen, eine Entmündigung ("nie wieder das Unigelände betreten, IG-Farbenhaus soll ein save-space bleiben"), aber für die die noch da sind möchte ich den folgenden Gedanken skizzenhaft providen:


Dieser Move der AfD führt im ersten Schritt dazu, dass sich die Theaterszene politisiert


Zweitens erhöht er die Solidarität in der Szene, weil man nun ein gemeinsames Feindbild* hat. 


Drittens führt der Move der AfD dazu, dass man sich genau diese, oben bezeichnete Frage stellt: Was mach Kunst politisch? Das ist nämlich eine gute Frage. Eine spannende Frage. Die man mE nicht umgehen sollte (mit Theater-Kann-das-Romantismus), insbesondere, weil man ja wirklich Steuergelder bezieht, und somit eine Verantwortlichkeit gegenüber der gesamten Bevölkerung hat (und JA, das schließt auch die 18% Voll-Dullis mit ein, die in Sachsen AfD wählen, tatsächlich, schwer zu glauben aber das ist basic Gesellschaftsvertrag-Wissen), aA vertretbar. 


Und da es ja keine "Wahlen" gibt für Schauspieler*innen, Regisseur*innen, Techniker- und Ausstatter*innen muss man sich gleichsam SELBST LEGITIMIEREN. Ich denke das geht am effektivsten, indem man den Kopf aufmacht. Auch für abweichende Meinungen. Ich denke man muss hier ein wenig in Vorleistung gehen, dann tut man dieses Gespenst des Populismus und der Hatred-Culture mit einem linken Handstreich beiseite wischen. Andere Ansicht gut vertretbar. Ich denke ich habe nicht viele Leute, die diese These backupen. Ggf Rainer Forst, aber das war nicht die eigentliche Frage hier. 


Die eigentliche Frage war, wenn ich mich recht entsinne, wann Kunst entartet. Wann sie also die Bahnen dessen verlässt, was ihrer Art entspricht. Oder war das die Frage? Ich entsinne mich nicht mehr so ganz. Zu viel Lärm um Peers.


Nachtrag: aber ganz ironiefrei könnte man sich tatsächlich fragen, ob in der deutschen Theaterlandschaft alle Meinungsspektren (die freilich freiheitlich-demokratischen Grundanforderungen genügen) vertreten sind. Ich glaube diese Debatte würde nicht schaden. Ich habe mal von einer Stiftung gehört, die sich für konservative Kunst einsetzt. Mich würde interessieren, was das überhaupt ist. Was ist das? Ist konservative Kunst ein Schiller mit Perücken zu inszenieren? Oder ein Rémarque? Oder was könnte das sein? Ist es konservativ Houellebecq zu spielen? Mein Instinkt sagt nein, aber ich habe wirklich keine Argumente, bislang. Beiträge sind immer willkommen. Emailadresse findet sich oben im header. Danke fürs Lesen


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s.a. den Begriff des radikal Fremden bei Bernhard Waldenfels: Das Fremde denken, S. 22 ff.

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