„Feierabendwurscht #lohnischda“: Würstchen, Wut und Widerspruch


 

„Feierabendwurscht #lohnischda“: Würstchen, Wut und Widerspruch


Ein Bericht aus dem Herzen Münchens


München – Zwischen den Fahnenmasten vor dem Hauptquartier der Bundesagentur für Arbeit in der Kapuzinerstraße wurde vergangene Woche ein ungewöhnlicher Altar errichtet: Grillwürste auf einem Einweggrill, flankiert von einem überdimensionierten Gesetzestext und einer Aktentasche voller Rätsel. Die Performance „Feierabendwurscht #lohnischda“ des Künstlers [dein Name] sorgte für irritierte Blicke, neugierige Nachfragen und so manche scharfe Kritik.

„Würstchen, die Wut und das Gesetz“
„Ich wollte einen Raum schaffen, in dem man sich mit der Absurdität und Härte des Systems auseinandersetzen kann“, erklärt der Künstler. Mit einem QR-Code, der zu seinem Podcast führt, und einem Gesetzestext, auf dem die Passanten wie Oskar Matzerath aus der „Blechtrommel“ trommeln durften, bot die Installation ungewöhnliche Mittel, um eine Auseinandersetzung mit dem Thema Arbeitsmarktpolitik anzustoßen.

Am beeindruckendsten jedoch war die Reaktion der Passanten auf das wohl eigentümlichste Element der Performance: den "Schlagzeugunterricht" auf einem Gesetzesbuch. Mit einer Mischung aus Ironie und Respekt hatte ich es auf einem Altar platziert, dazu ein Paar Drumsticks, die förmlich dazu einluden, rhythmisch aktiv zu werden. Mein Auftritt blieb dabei dem Phlegma eines gelangweilten Sachbearbeiters treu, der den Glauben an das Gemeinwesen längst verloren hat, und dennoch eine fast absurde Form von Anleitung bot.

Wenn jemand die Drumsticks ergriff und fragte, wie er spielen solle, wartete ich zunächst ab. Dann, in ruhigen, fast beiläufigen Bewegungen, zeigte ich die rhythmische Struktur von Bizets "Carmen" vor: "Dam da da Dam da Dam da da Dam Dam Dam da da Dam da Dam da da Dam." Diese Triolen – für Laien nahezu unmöglich präzise umzusetzen – führten zu einer seltsamen Mischung aus Ehrgeiz und Scheitern. Manche Teilnehmer gaben rasch auf, andere versuchten mit sichtbarer Anstrengung, den Rhythmus zu imitieren. 

Was mich dabei faszinierte, war die unausgesprochene Ehrfurcht, die über dem Gesetzbuch schwebte. Niemand wagte es, mit voller Kraft zuzuschlagen, und viele begannen zaghaft, als ob sie die Texte zwischen den Trommelschlägen nicht beschädigen wollten. Diese Zurückhaltung schien fast symbolisch für die ambivalente Beziehung der Gesellschaft zu ihren eigenen Regeln: Respekt, gepaart mit Angst und einem Hauch von Trotz.


Ein Mann, der den Rhythmus nicht auf Anhieb verstand, fragte mich nach einer Erklärung. Meine Antwort war, wie so oft in der Performance, ein ausweichendes "Spüren Sie einfach, wo der Schlag sitzen könnte." Andere Zuschauer beobachteten still, als ob sie Zeugen eines intimen Rituals wurden, während wieder andere sich ins Faszinosum der improvisierten Klänge vertieften. 

Diese Interaktion – das Spiel mit dem Gesetzestext, das Trommeln darauf, das Versagen und Wiederholen – wurde zu einem Spiegelbild dessen, was ich ausdrücken wollte: den Versuch, sich Gehör zu verschaffen, die Frustration, die damit einhergeht, und den tiefen Widerspruch, dass die Regeln, die uns schützen sollen, oft genauso lähmen. In der scheinbar absurden Geste des Schlagzeugunterrichts lag mehr als nur ein Moment der Irritation; sie eröffnete einen Raum für Reflexion, in dem die Grenzen zwischen Spiel, Protest und Performance verschwammen.

Die Inspiration für die Aktion kam aus einer persönlichen Erfahrung: „Mein Sachbearbeiter meinte flapsig, ich könne meinen Lebensunterhalt ja durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung sichern, falls der Rechtsbehelf des Widerspruchs zu lange dauert. Diese Respektlosigkeit gegenüber den Anliegen von Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, hat mich tief getroffen.“

Ein deutscher Klassiker: Die Wurst
Mit den Grillwürsten setzte der Künstler bewusst auf ein Symbol der deutschen Alltagskultur: „Die Wurst steht für etwas Biederes, Rationales, aber auch Gewaltvolles. Sie ist eine perfekte Metapher für die systematische Härte, die ich kritisieren wollte.“

Die Reaktionen der Passanten reichten von Begeisterung bis Irritation. Eine ältere Dame mahnte: „Sowas macht man doch auf dem Balkon!“ Andere, darunter auch Obdachlose, fragten höflich nach einem Würstchen. „Das war mir peinlich, weil ich keine Brötchen dabei hatte“, gibt der Künstler zu.

Resonanz und Reflexion
Die Performance verlief ohne behördliche Genehmigung – ein Risiko, das sich auszahlte. Die Polizei beobachtete die Aktion, griff jedoch nicht ein. „Ich war erstaunt, dass das so funktioniert hat“, sagt der Künstler.

Auf die Frage, ob die Aktion etwas verändert habe, bleibt er skeptisch: „Ich glaube nicht, dass ich etwas ausgelöst habe. Aber es ging mir auch nicht um große Antworten, sondern um kleine Verwirrungen.“

Ein Blick nach vorn
Für künftige Aktionen plant der Künstler mehr Vorbereitung und Allianzen mit anderen. „Ich beschäftige mich momentan mit Kolonialismus, und das ist ein Thema, bei dem ich als weißer Mann nicht allein sprechen kann. Das erfordert andere Formen und Zusammenarbeit.“

Die Performance „Feierabendwurscht #lohnischda“ bleibt ein starkes Statement: eine Kombination aus Humor, Kritik und Reflexion, die zeigt, wie Kunst im öffentlichen Raum unerwartete Gespräche anstoßen kann.



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