Aus dem Leben einer Snitch -- Ein interview

Janik Hauser am Rande der Dreharbeiten zu
 seinem neuen Projekt LIKEABAUSS
/ CR: C. Schuller; Titus-Reinhuber-Stiftung

 




"Ich wusste immer 

auf welcher Seite ich stehen will"


Wir treffen den Compliance-Officer und Dissidenten Janik Hauser in einer Pizzabude in der Leopoldstraße in München. Er kaut bedenklich auf einer Käsepizza und trinkt ein Red Bull nach dem anderen. Er ist sichtlich gezeichnet von den Entwicklungen der letzten Wochen.


Kasia Lennord

Fühlen Sie sich schuldig?

Janik Hauser

Immer. Aber warum fragen Sie?


 Kasia Lennord

Nun ja, Sie haben über die letzten Monate immer betont, dass Sie Feminist seien. Auf der Seite der Schwächeren. Der Frauen. Nun wird verlautbar, dass Sie eine Unterlassungserklärung unterschreiben wollen, in der Sie sich verpflichten, nie wieder das Patriarchat zu kritisieren. Denken Sie nicht, das könnte man Ihnen als Feigheit auslegen?

Janik Hauser

Wissen Sie, ein Dozent von mir, der mich sehr geprägt hat, der Verfassungstheoretiker Kadelbach hat einmal folgenden Satz gesagt: "Was vertreten wird, kann man auch vertreten". Ich reiße das jetzt aus dem Kontext. Aber was er sagt stimmt. Übertragen auf meinem Fall. Wenn Herr Remo Philip mich als Snitch bezeichnet, dann hat er einen Punkt. Ich halte das mit Helmut Kohl, der einmal gesagt haben soll: Es kommt darauf an, was hinten herauskommt.


 Kasia Lennord

Können Sie noch in den Spiegel schauen?

Janik Hauser

Ich verstehe die Frage nicht, Frau Lennord. Wir hässlichen Leute schauen ohnehin nicht viel in den Spiegel. Es würde nichts nützen. Darüberhinaus habe ich gerade keinen Spiegel. Ich habe ja auch keine Wohnung.


 Kasia Lennord

Falls Sie nun Mitleid von mir wollen. Das wird schwierig. Sind Sie aus Ihrer Wohnung geflogen? Das lässt tief blicken. Wie ist Ihre Version der Geschichte?

Janik Hauser

Ich habe nicht zugelassen, dass man mich hindert in meinem Kampf gegen das Patriarchat. Und eine Mitbewohnerin von mir hat nun mal einen Frauenhasser zum Chef. Sie werden jetzt entgegnen, dass ich ja als Gegangener selbst keine Entscheidung getroffen habe. Da muss ich ihnen widersprechen. Mein Anwalt hatte schon das Schreiben aufgesetzt, das die Störerin Fischer durch den Kakao zieht. Wie viele Berufsgeheimnisse sie verraten hat, was ihr mietrechtlich anzulasten ist, etc. Eine Salve an Diffamierungen und Unterlassungsansprüchen. Er liebt so etwas. Und dann dürfen Sie nicht vergessen, dass mein Mäzen Magnus Reinhuber bei der Schwäbisch-Hall arbeitet. Er hätte die Bude einfach kaufen können und qua Eigenbedarf in drei Monaten alle Störer samt Sippe auf der Straße sitzen gehabt. Aber dann dachte ich an die Bibel. Und die bewegende Geschichte vom ...


 Kasia Lennord

Ersparen Sie mir bitte Ihre bigotte Scheiße. Ihre Positionen zu Abtreibungen ist uns bereits bekannt. Man hört, Sie lieben TINDER. Haben Sie mit dieser Geschichte schon Frauen flachgelegt?

Janik Hauser

Drei an der Zahl. Wer dachte, es erfordert einen Daimler, kennt nicht die post-metoo-Ära. Oder hängt einfach in den falschen Kreisen.


 Kasia Lennord

Haben Sie überhaupt ein Konzept von Richtig und Falsch

Janik Hauser

Ich glaube Sie unterschätzen meinen moralischen Kompass. Ich kann doch sagen: Ich bewundere Jeffrey Epstein dafür, dass er seinen Bedürfnissen nachgegangen ist, aber seine Methode war fragwürdig. Und wir haben einen Rechtsstaat, der ein solches Verhalten unterbindet. Und ich selbst würde so etwas ...


 Kasia Lennord

Sie glauben an den Rechtsstaat? Haben Sie sich einmal gefragt, warum die Staatsanwaltschaft in Köln nicht in den zahlreichen Fällen von sexuellem Missbrauch ermittelt? Sie können sich doch nicht auf einen Rechtsstaat verlassen, der so mit Unrecht umgeht. 

Janik Hauser

Ich hoffe Sie lesen Zeitung und hängen nicht nur auf INSTAGRAM, wo Sie irgendwelchen verwirrten Soziologinnen bei ihrem immergleichen Lamento zuhören. Der Eindruck entsteht für mich gerade ein wenig. Ich kennen den leitenden Staatsanwalt in Köln. Die These einer Beißhemmung ist linker Humbug. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Wie sich die Opfer verhalten haben... Da kann von glaubwürdigen Zeugenaussagen nicht gesprochen werden. Dann der zeitliche Faktor: Die Vorwürfe sind zT zwanzig Jahre her, und beinahe verjährt. Dann gibt es auch schlicht Wichtigeres zu tun, als das Trauma einer dahergelaufenen Opfergruppe zu behandeln. Der Rechtsstaat handelt insb. aus Motiven der Generalprävention und um zukünftige Opfer zu schützen. Sühne gibt es nicht. Legen Sie Ihren Kant beiseite. Wir leben in einer vollendet durchökonoimisierten Welt. Empowerment gibt es auf Instagram. Vermeintlich.


 Kasia Lennord

Reden wir über Sie. Sie sind 29 und leben noch immer von dem Geld Ihres Vaters. Tut Ihnen das manchmal leid?

Janik Hauser

Ich denke, ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Vater. Ich trage sein Parfüm und ziehe gerne seine ausrangierten Hemden an. Meine Pläne, Künstler zu werden hat er niemals mit Geringschätzung torpediert. Ich denke übrigens, es kommt auch daher, dass ich in meinem gesamten Leben nur einmal nicht konsensualen Geschlechtsverkehr hatte und nur einer Frau ungefragt an den Arsch gefasst habe. Aber zurück zum Thema. Ich werde für meine Kinder dasselbe tun. Meine Frau ist stolz darauf, dass ich mein Talent fortentwickele und hält mir, wie mein Vater, gerne den Rücken dafür frei. Ich werde jeden Tag größer. Natürlich wird etwas von diesem Kapital auch zu ihnen hinabtröpfeln. Die Schwerkraft ist das letzte, worauf man sich noch verlassen kann. Ich wusste schon immer auf welcher Seite ich stehen will. Seit der 5. Klasse, wo ich selbst ein Gewaltopfer wurde. Es ist die Seite der Macht. Wenn Sie damit ein Problem haben, schreiben Sie meiner Sekretärin. Ich selbst kann das Geweine nicht mehr hören.

 Kasia Lennord

Danke für das Gespräch

 

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