TANZPLATTFORM

Im Bus:


A: Was für eine gequirlte Kacke

B: Nein, das war eine absolut relevante Kritik der Körper, die eine Gasse bilden, damit die Flüchtlinge ankommen können. Police-Körper, wir wissen aus vorherigen Studien, dass das der Feind ist. Und die Differenz der Freund. Und hier sieht man an der Gasse, dass der Strom an Flüchtlingen kein frei mäandernder ist, sondern ein kanalisierter. Also hat der Fluss keinen freien Access. Also ist territorry äquivalent zu setzen mit terror. Das ist nicht linguistisch gemeint, oder doch, wer weiß, überhaupt: wen stört's? Wir sind hier eh alle der selben Meinung. Und später gibts Corni und Wasser und sicher auch eine Suppe für 6 Euro im Co-Workingspace.


Zwei Performer in silbernen Ganzkörperkostümen bewegen sich sehr langsam auf uns zu. Ihr Blick streng. Als wäre das wichtig, was jetzt kommt. Dann legt eine alte Frau, die davor in einem Pförtnerhäuschen bierernst hinter einem Blatt Papier mit hieroglyphischer Beschriftung geharrt hatte, einen Kreis aus Steinen und schlägt stoisch mit einer Eisenstange auf den Boden. Zum Glück läuft im Hintergrund Gruselmucke, sonst verstünde man nicht, dass es hier um das Kreatürliche im Menschen geht. Etwas Rauch ist auch dabei, oben auf der Galerie in farbenfrohen 70er-Jahre-Pullovern ein Chor. Es gibt noch eine Projektion von einem Haus, das in den Fluten versinkt, eine Prozession einmal um den Block, dabei ein evtl. biblischer Text, der voller mit Sprachbildern ist, als der freitägliche Flixbus nach Berlin mit Hipstern. Dann versucht man einfach nur im mit Bauzaun begrenzten Vorhof zu stehen, aber die Performer legen blaue Planen um uns herum aus, es scheint, die Flut umspült nun auch unsere Knöchel, unsere Privilegien schlagen zurück. Oder der szenische Vorgang sollte treffender so interpretiert werden, als ob in einer stellvertretener Retourkutsche nun wir die Limitationen von acces erdulden müssen, die wir (tatsächlich das wir der Leute, die hier in diesem Raum versammelt sind? Hat einer von uns schon mal einen Ausländer abgeschoben? Eine Unterkunft in Brand gesetzt? Oder einen Refugee verächtlich behandelt? Kennt überhaupt einer im Raum einen Refugee persönlich? Aber klar: Rassismus betrifft uns alle. Deshalb sollte man sich tagtäglich wieder mit hastags reinigen — ja tatsächlich Claudia Bosse benutzt auch in den Audioaufnahmen, die überall im Raum aus den Boxen dringen diese treffenden Ellipsen, als gälte es keine Prädikation, sondern nur eine Sichtbarkeit für die Suchmaschine zu erlangen, die der stereotype linksakademische Zuschauer ist, immer wieder bereit, sich für seine Ansichten Bestätigung zu holen, nie sie ernsthaft in Gefahr zu bringen, Diskurs ist Gefahr, meine Freunde, nehmt Euch in Acht — wir nennen das dann gerne Diskurs, es geht runter wie Öl, brennt aber in meiner Kehle nach, taub und bitter wie Schweppes ) über Jahre hinweg verschuldeten. Na, hoffen wir das hilft.    

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