on trauma -- revision



Es gehört zu den guten Sitten in der Släm-Schläm Redaktion hier in Berlin-Neukölln, dass ein Artikel, der 50 mal geklickt wurde nochmals revidiert wird.


Der Gedanke dabei ist: Wenn sich weit mehr als 30 Leute (Stammleser*schaft) dafür interessieren, was da publiziert wurde, dann war es entweder zu verständlich, zu populistisch oder skandalös (also in dem Sinne, dass problematische Ansichten vertreten wurden (problematisch heißt hier unmoralisch, verachtenswert, inhuman, unvertretbar, "indiskutabel"). Man muss also immer nachspüren, was an der Argumentation wieder irgendjemandem sauer aufgestoßen sein könnte, der dann beschließt, das mit allen seinen Freunden zu teilen und sodann mit sozialem Ausschluss zu reagieren (anstatt sich mal bei der Redaktion zu melden. Guter alter Leserbrief. Das Publikationsorgan des kleinen Mannes. Good old days. -- Now you're stressed out)


Und ja: Ein bisschen Selbstkritik muss manchmal sein. Und es ist nicht in Ordnung jemandes Email mit Namen öffentlich zu posten. Illegal ist es nicht. Aber es ist einfach nicht die feine englische Art. Und das habe ich gemacht. Aber ehrlich gesagt aus einem Zustand avancierter Trunkenheit heraus, nicht checkend, dass ich zwar die Adresszeile nicht mit ausgeschnitten habe, aber die Namensunterschrift weiterhin unter dem Text prangte. Nicht okay. Sorry for that. Also ich sage das natürlich nicht ZU O.O., weil den darf ich ja nicht mehr adressieren (nicht qua Gesetz, da gibt es sowas schlicht nicht ohne Urteil) aber in der spooky Welt der Kammer-des-Schreckens M.A. Drama an der Goethe Uni. Da Herrschen andere Gesetze. Nämlich die von Stolz und Vorurteil. Ich sage das (mal wieder) öffentlich (interessante Frage ob das Monologische des Bloggs, das mitunter als arrogant oder unsympathisch, oder bigott bezeichnet wurde, aus einem Rückgang der aufrichtigen wohlwollenden privaten oder öffentlichen Gesprächsformate in den Reihen der Redaktion herrührt. Ich persönlich halte das für sehr wahrscheinlich. Aber mich fragt keiner. Mit mir spricht auch keiner. Zurecht wahrscheinlich. Hagelt eh nur Beschimpfungen)


Und wie sich das weiter so gehört für Richtigstellungen, müssen sie natürlich in der selben Form publiziert werden, wie die ausgängliche Falschbehauptung: Also nochmal zum mitschreiben: O.O., mit dem ich schon ein Bier trinken war und mich gut unterhalten habe, hat NICHT verboten, dass ich das Wort jemals wieder an ihn richte, weil ich in einer öffentlichen Diskussion eine einzele Situation von migrantisch gelesenen Personen am Wohnungsmarkt als nicht evidenten Fall der "systemischen Diskriminierung" bezeichnet habe. Das ist falsch. Nicht passiert. Nie passiert. Bitte schnell vergessen. 


Ich habe mit Spannung die Debatte um die BDS-Resulution des Bundestages verfolgt. Und dies ist wirklich ein derart kompliziertes Thema, dass ich mich am liebsten dazu gar nicht äußern möchte. Aber ich finde es faszinierend welch immensen Aufwand die Theater machen um sich gegen eine nicht bindende Textform zu wenden. Eine Resolution ist eine Handlungsanleitung. Mehr nicht. Sie entfaltet keine Rechtswirkung, hat lediglich Empfehlungcharakter. Es erscheint mir zumindest fragwürdig, ob es sich dabei nicht um eine riesige Selbstvergewisserungsveranstaltung handelt. Luftleere Symbolpolitik. Identitätsstiftendes Effekttheater. Aber das kann ich schwer beurteilen ohne alle Details zu kennen. Dennoch würde ich gerne, dass der Kulturbranche vorsorglich die hälfte der Gelder gekürzt werden, wie das sicherlich auch die AfD, zumindest jedoch die Titus Reinhuber-Stiftung für konservative Kunst fordert.


Eigentlich wollte ich auf etwas anderes hinaus. Ich wollte eigentlich nur positiv hervorheben, dass überhaupt die Kunst für die Freiheit und die Freiheit der Rede einsetzt. Mir kommt das vor wie ein Umdenken: Die Theaterszene hat realisiert, dass sie sich selbst einige Sprechverbote auferlegt hat und strampelt jetzt. Zwar vorerst nach außen und nach oben (wie immer, das ist der Gestus der vierten Gewalt ohne Schwert). Aber sobald wir das Umdenken in der Szene auch einsetzen. Man wird sagen: Wir sind zu weit gegangen, uns selbst die Rede zu verbieten. Dann wird vielleicht wieder anders mit der Ressource umgegangen, die diese Szene in dem Land qua Historie hat: Das Theater genießt die Vermutung der höchsten moralischen Integrität. Damit sollte man kein Glücksspiel betreiben, mE. Und dies passiert, wenn Identitätspolitik über den inhaltlichen Auftrag gestellt wird. 

Aber ich wollte nichts sagen.


Bzw. ich wollte dem in drei Einzelfällen geäußerten Wunsch nachkommen, nichts mehr zu sagen.


Fast dasselbe

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