on fame

 


Ich bin vielleicht ein schlechter Mensch


Aber das erste, was ich verspürt habe, war Neid.


Als ich den Namen einer Kommilitonin auf einem Theaterplakat in fetten Lettern habe prangen sehen.


Warum steht sie da, und nicht ich?


Klar. Sagen jetzt wieder alle einhellig "weil du nichts als bigotten Müll schreibst. Das ist doch keine Kunst. Du traumatisierst die Leute mit deinem Egogewichse. Wem bringt das was außer dir? Da steht nicht ein Satz ohne Fehler, nicht ein Argument und überhaupt bist du ein weißer Cismann und die können zur Welt, wie sie ist eh nichts mehr valides sagen, etc, pp." 


Das alles ist natürlich stimmig, aber ich möchte ja heute nicht darüber reden, warum mich keiner liest. Sondern ich möchte über Neid sprechen.


Über das gelesen-werden-wollen. Über das sich-Gehör verschaffen wollen.


Ich war mal bei einer BLM-Demo. Die haben mitunter ganz schön geschrien und gekreischt. Zu Recht auch. Aber als auf einmal die Rede davon war, dass der Herr Feldmann da ist, da wurde es mit einem schlag still. "Kommen Sie doch mal hier Herr, Herr F." Reden Sie mit uns."


Was dann passierte, war interessant. Es wurden Monologe ausgetauscht. Und zwar von beiden Seiten. Was ich damit meine, könnte ich darlegen, aber ich glaube, es erklärt sich weitgehend von selbst.


Was sagt mir das? Oftmals ist die Erklärung ein Gespräch starten zu wollen bloß eine taktische Behauptung. Für ein Gespräch braucht man ggf. moralische Integrität. Die Fähigkeit zuzuhören (hier wiederspreche ich ausdrücklich der Fraktion, die behauptet, man brauche für eine Diskussion eine "starke Meinung"). Und die Bereitschaft, etwas zu lernen. 


Ich glaube somit erklärt sich auch der Neid des Ungehörten. Man gräbt ihn von der Welt ab, indem man ihm das Gespräch verweigert. Man stört sein Lernen-wollen. Für die streitgegenständliche Diskussion am Opernplatz werfe ich das explizit beiden Seiten vor, wenngleich ich mit der Seite der Demonstrant*innen natürlich mehr persönliche Solidarität empfinde. Aber auf einer Meta-Ebene der Form haben beide versagt. Beide haben ein aufeinander-zu-Gehen vergeigt.


Und derselbe Vorwurf geht auch an alle staatlich subventionierten Künstler*innen, die gerade ihren Bedeutungsverlust beklagen (ohne uns wird's Still / Till Brönner / auch die BDS-meckerbuddys/ younameit) oder diesen mit Social Media Kampagnen umzukehren versuchen. Jede*r der eine Sprachrohr hat, soll sich bitteschön eine Sprache suchen, um die Themen zu adressieren, die ihn/sie* und das Umfeld beschäftigen, und losgehts. Verdammte Kiste.


Sind wir also bei der alten, etwas desperaten (depperten vor Autokorrektur) Frage von der Wirkung von Kunst? Ein Glück nicht. Nur eine Anmerkung zu diesem gleich wieder fallengelassenen Thema. Warum es so leidig ist, hängt meines Erachtens insbesondere damit zusammen, dass der Wert eines Kunstwerks, wie wir sie verhandeln, sich nach dessen Wirkungsgrad bemisst. Das gilt für Industriemaschinen gleichermaßen wie für Theaterproduktionen. In-die-Fresse-These, ich weiß, aber das ist meine Überzeugung. Man konnte das in den Argumenten im Rahmen der Auseinandersetzung um die Kunstaktion der Frankfurter Hauptschule Bad beuyss.. beobachten. Hier hieß es sinngemäß: den marginalisierten Völkern in Afrika ist ja ALLEIN SCHON INSOWEIT genüge getan worden, als deren Gemengelage qua Kunstaktion nun eine Sichtbarkeit erlangt hat, die sie davor nicht hatte. Ein astreines Wirkungsargument ganz im Sinne der von Georg Franck etablierten Begrifflichkeit der Aufmerksamkeitsökonomie. Dem entgegnen könnte man vielleicht so etwas wie : „ja und was nutzt es denen, wenn hier ein diskursiver Sack Reis umfällt? Wenn hier im Mousonturm am Schnittchenbuffet jemand deren Namen korrekt ausgesprochen hat (say-their-names), lösen sich dann ganz tätsächliche ökonomische und lebenspraktische Probleme?“. Lasst uns vom Sinn und Unsinn der Repräsentation zu reden bitte gar nicht erst anfangen, da werden wir ja niemals fertig und ich habe hier auch nur sieben Minuten. Also noch meine These: Wirkung ist was alle wollen, um sich narzisstisch gut zu fühlen, sie meinen tatsächliche, erstreben aber nur aufmerksamkeitsökonomische Wirkung, weshalb ein Zirkelschluss entsteht. Und ein Vakuum aus dem heraus alle so furchtbar neidisch und gehässig werden. Unfertiger Gedanke. Weitergehts. 


Aber bitte erst Im neuen Jahr

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Life Art / Aktivismus / Manie / Melancholie (mit freudlicher Beratung durch Boris Nikitin)

#LOHN ISCH DA (Podcast über Arbeitslosigkeit)

Janis Strobl -- mounts for musical instruments 2024 / Clare Gannaway