Heterotopien. Imperialismus. Archivfieber (über Nina Beier, Auto - Bordeaux - Capc)

 


In mancher Hinsicht habe ich über Vieles schon geschrieben, was im Zusammenhang mit dieser Ausstellung relevant ist. Ich habe über den Kunstpavillon geschrieben, dass das Weiß die Objekte (Körper) im Raum schweben lässt. Dass Zeitschichten, Ränder sichtbar werden, wenn man den Cube leerräumt.


Ich habe im Zusammenhang mit Janis Strobl versucht zu skizzieren, dass eine gewisse Entauratisierung der Kunstpräsentation selbst schon mit dem Kolonialen Erbe ins Gericht geht.


Ich hab beim Schreiben über Yung Hurn versucht, eine Gewisse Präsentationsweise von Objekten als Lebensmüde, weltvergessene Prosa zu begreifen. Nach dem Motto: "Ich möchte tausend Benzos nehmen und dann einschlafen".


Jetzt habe ich natürlich ein Problem, weil ich mich zu diesen Befunden in Widerspruch setzen muss.


Wie Marcel Reich in einem Gespräch mit meinem Opa mal meinte: Die Kategorien zur Bewertung und Beschreibung von Literatur muss (und darf) man als Kritiker jedes mal neu erfinden.


Also frisch ans Werk!


Was mich hier beschäftigt / Vieles / Rein kuratorisch zunächst mal der Aufbau der Ausstellung / Früher wurde in dieser Riesenhalle koloniale Vanille gelagert / Jetzt ist sie -- wie ein ausgeraubtes Containerschiff -- voll und gleichzeitig leer von Kolonial-Derivaten. / Von oben fällt Tageslicht herein / wir unten machen den weißen Teppich schmutzig. Trotz Überziehschuhen. / Die Objekte sind wie angeordnet? Na irgendwie rasterlos . Wie hingewürfelt. Oder etwa doch nicht?

                                                                                        /sodann/ Es handelt sich um eine Retrospektive / Alles wurde schon mal gezeigt. Aber nicht in dieser Kombination. / Das ist deshalb wild, weil es so wirkt, als wäre JEDE EINZELNE OBJEKTGRUPPE eigens für dieses #Kolo-Motto gemacht worden... Oder sehe ich Gespenster? 

                                                                                        /zuletzt -- und urwichtig / die Verflechtung in der Matrix. / Wie erkläre ich das? Fiktives Beispiel: Ich habe einen Blog mit Liebesgedichten. Die Angesprochene heißt immer Emma, so wie die reale Schwester von Petrarchas Laura. Aber im echten Leben liebe ich Laura, die wiederum einen Bruder hat, der Francesco heißt, und den ich zunächst in der Epochenvorlesung kennengelernt habe. Er ist also im Bild der Blinde Fleck. Das Tertium-non-datur. Über das aber alles zusammenhängt...

        //schnitt// eine junge Künstlerin stellt Repliken von Raubkunsthängungen aus. Aus Ton. Vermeintlich eine sehr nüchterne postautonome Geste. Weil die Abwesenheit das Objekt erdrückt.

             // aber eben NEIN // gerade nicht richtig. Indem diese Objekte von J. glänzen. Eine pastellene Farbe haben. Und Eindrückungen, Imperfektionen aufweisen, passiert eben gerade etwas anderes. Eine Inversion. Die L'art pour l'art wird eben gerade WIEDER als Derivat eingeführt. Mit dem Molekül, in dem die Erkenntnis steckt, dass die Kunst immer Spuren von Macht enthalten muss. So gesehen das Molekül der différance. Diesem ranzigen Fettauge im Denken. Also: Kategorie 1 von oben muss fallen. 

                                                          

                                                          Dann mal bitte auf die Formelle Ebene. Dieses viele poppige, lustige absurde misch-masch an Objekten. Ähnliche Löwen. Aber irgendwie ganz anders. Einmal als Comic. Einmal als Rhodin. Dann die Katze, die Milch aus seinen Grübchen trinkt. Oder die zweierlei Jumbo-Elefanten. Einmal die Pixie-Buch-Version ("Bibi und Tina auf Afrika-Safari") und dann der naturalistische Elefant. Aber beide zurückgegraut. Und dann geht es um Straßenbau, Ressourcenausbeute und die Ausstellung heißt auch noch  A u t o . Willkommen in Ninas Matrix. Alles hat hier miteinander zu tun, aber nichts passt zusammen. Es gibt Ähnlichkeiten, weil die Menschen das wollen (Projekt Strukturalismus) aber die Natur widersetzt sich, wie ein tölpelhafter Standarttanz-Schüler. Nina ist eine Sammlerin. Eindeutig. Und mit dem Sammeln kommt der Zweifel an der Möglichkeit eines Abschlusses. Ein lunatischer Raum wie die Katzenklappe ins Infinite.

   //schnitt// Es stimmt also NICHT, wenn ich über die junge Tanz/Performance-Künstlerin sage, dass ein "leerer Cube" einen diachronen Schnitt durch die Jahresringe befördert. Diese im Äther schwebenden Objekte von Nina geben eher ein zeitloses Gefühl. Eines dummdämlich und allzumenschlich symbolistischen und gewaltvollen Pantha Rheis. Ich muss also auch hier mein Haupt mit Asche bestreuen.


[...] tbc



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