on toxic interpretation -- praxismodul mit freundlichem Dank an Linus König

 


1

 #diskursfeindlich ist es zuallererst mal, Leute zu belehren, was sie wie zu sagen haben.


Ist vorliegend natürlich nicht tatsächlich passiert. Bezug genommen wurde auf eine Aussage einer Parlamentarierin, für die Gegenrede ja gewisserweise zum Berufsbild gehört. 

Wie immer werden Thesen ohne Begründung einfach in den Raum gestellt. Das soll die Wut ins Gespräch bringen. Wut, Kippen und Red Bull ist der Treibstoff. 

Wichtiger Aber: Spielt aber mit dem Argument des Machtmissbrauchs. 

Es geht ungeheuer viel um die Frage, wer wen belehren darf. 


2

 Halts Maul, hör zu, versuche zu verstehen, worum es geht und was gemeint ist. 


Belehrender Gestus eines Lehrers, der Ordnung im Klassenzimmer macht

Vulgarität. Gossensprache. Soll dem Zuhörer vermitteln er sei einer respektvollen Entgegnung nicht würdig

Der Vorwurf, man würde nicht "zuhören" ist übrigens auch sehr häufig benutzt. Es ist allerdings nicht ersichtlich, was damit gemeint ist. Der Autor scheint die Unabdingbarkeit einer Erwiderung für den Diskurs als solchen zu verkennen. Es scheint ihm ggf. vorzugswürdig eine Kaste von belehrenden Personen zu inthronisieren, denen alle anderen (die Zuhörer*innen) nur widerspruchslos abnicken dürfen. Es wird aber nicht ausgeführt, wer wann unter welchen Kriterien bezüglich welcher Fragestellungen das Rederecht erhalten soll, oder inwiefern dieses flexibel zu vergeben ist... 

3

Beim Thema Abtreibung die Sprachpolizei spielen zu wollen, ist bizarr, wenn man nicht über Inhalte reden will. 

Nicht über Inhalte reden. Der Vorwurf kommt oft. Was genau ist damit gemeint? Wenn das BVerfG sich, erfundenes Beispiel, seitenlang darüber auslässt, was ein gefährliches Werkzeug im Sinne des Gesetzes ist, ist das dann eine rein formale Betrachtung eines tatsächlichen Problems? Meint der Autor hier es solle nicht um die Bedeutungsreichweite von Begriffen gehen..? Was schlägt er stattdessen vor? Man könnte Statistiken austauschen... Das wäre möglich. Nur gibt es keine statistische Weise, die Frage zu beantworten, welcher Ausdruck für einen Lebenssachverhalt TATSÄCHLICH treffender ist. Das muss man, so sehe ich das aber vielleicht bin ich derbe schief gewickelt, im Diskurs untereinander aushandeln


4

Wenn man das Prozedere als "drei Tage Warten" euphemisiert, ist das auch kein "neutraler" Standpunkt, sonder ein konkreter. 


"Das Prozedere" Ein Gefäß. Eine Verweisung. Es wird Wissen vorausgesetzt, und vor allen Dingen, eine Deutung. "Das Prozedere, Sie wissen, welches, Sie wissen wie ich es finde, Sie wissen WIE MAN ES ZU FINDEN HAT. Ich brauche nur Das Prozedere sagen und jegliche Darlegung erübrigt sich." Dass das vom Gesetzgeber Geregelte natürlich tatsächlich nur eine Wartefrist ist, dass der Gesetzgeber einen vor Übereilung schützen kann, nicht aber vor negativen Gefühlen. Das kann bei einem solchen Verfahren des VERZICHTS AUF EINE ARGUMENTATION natürlich nicht zur Sprache kommen. Was zur Sprache kommt ist lediglich der Narzissmus des Sprechers*, des Unfehlbaren* Und als Negativum ggf. (wobei dies sehr wohlwollend ausgelegt ist) dessen Angst, ggf. doch einen anderen validen Standpunkt anhören zu müssen.

Unverständliche Vorbringungen machen beim Leser ein Gefühl der Unlust. Man fühlt sich dumm. "Habe ich jetzt nicht verstanden, inwiefern konkret das Gegenteil von neutral ist..?" 


4

Und zwar ein konkret frauenfeindlicher.

Als Konklusion, als Pointe, muss immer eine Kontamination erfolgen. Der Adressat darf das Zwiegespräch niemals mit dem Gefühl verlassen, sich seine Anerkennung erhalten zu haben. Ein Label (eigentlich immer Permutationen der Kategorie "Unterdrücker") muss aufgeprägt werden, damit die Umstehenden wissen mit wem sie es hier zu tun haben. Dies erfordert zudem einen Essentialismus, der das Gesagte und den Sprecher unbedingt als absolut kongruent wirken lassen möchte. Ein "unmoralischer" Standpunkt zeugt somit automatisch von einer auf Dauer moralisch verderbten Person. (Zur Relevanz dieser Freund-Feind-Schemata s.a. Beitrag zu VVIP). Hierdurch wird auch vermittelt, dass man sich die Bemühung Argumente zu suchen (ggf. sogar für beide Seiten) auch von vornherein schenken kann, weil man ja ohnehin auf der "falschen Seite steht". Sozusagen mit dem Virus der Unwahrheit infiziert ist. Der Diskurs, der dafür benutzt werden könnte, sich in wechselseitiger Anerkennung zu begegnen, sich ANEINANDER zu bereichern (nämlich an der Unterschiedlichkeit im Vergleich zum Gegenüber), der Frieden stiften könnte, Interesse wecken, verkommt somit zu einem nicht konsensualen Rachenabstrich (einschließlich Würgereiz) auf den nach einer vorverurteilenden Positivtestung eine Quarantäne (Gesprächsabbruch) zumindest jedoch offene oder versteckte Todeswünsche folgen, weil man ja nachgewiesener Weise eine Person ist, die dem kollektiven Körper (der Gerechtigkeit?) schadet. Und der toxisch interpretierende ist der Halbgott* in weiß, der die Spreu vom Weizen zu trennen die nötige Expertise aufweist.  

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