on toxic association

Gastbeitrag von Feuilleton-Praktikant Roland Thomas 

 

"Was ist links? Was heute als links gilt, hat mit den traditionellen Anliegen linker Politik oft nicht mehr viel zu tun. Statt um soziale Ungleichheit, Armutslöhne und niedrige Renten drehen sich linke Debatten heute oft um Sprachsensibilitäten, Gendersternchen und Lifestyle-Fragen. "

Die linken Parteien sind Akademikerparteien geworden. Thomas Piketty weist das ja in seinem neuesten Buch sehr anschaulich nach. Ob USA, Osteuropa oder Westeuropa, es ist überall der gleiche Trend: Anders als noch in den Fünfziger- und Sechzigerjahren sind es nicht mehr die Benachteiligten, sondern die Bessergebildeten und tendenziell auch die Besserverdienenden, die links wählen. "

S. Wagenknecht


Kriegen wir das hin, von dieser Analyse eine Parallele zu ziehen zu der Kunstaktion der sog. Frankfurter Hauptschule


https://www.monopol-magazin.de/beuys-werk-oberhausen-verschwunden?fbclid=IwAR2HtYy2BTHa0CGw1sSnoQLnDhnNspck5-6qDdS-NViNfG43qF3fvX-K35s


Wir könnten es versuchen


1

Was wäre zum Beispiel so eine Semiotik der Lifestylefragen?




Message: es ist cool "Revolte" zu machen. Caprisonne schlürfen statt mit gelber Warnweste in der Kälte am Mainufer um 2% zu kämpfen. Als einer von dreitausend aus der Masse.  Bonnie und Clyde auf dem Weg zum Abgrund statt Lieschen Müller mit realistischer Chance auf CHANGE

Ich habe mal mit einer Anne-Imhof-Performance-Teilnehmerin gesprochen. Tolle gebildete Person, mE. Ihre Entgegnung zu meiner Anmerkung wie panne ich die Aktion im Pavillon der Biennale fand: "Die anderen die Schnösel, ist doch voll geil, denen mal richtig die Meinung zu geigen...!" Das wars.  

Aber genau so denke ich nicht. ICH bin doch der Schnösel, wenn ich meinen Tag damit verbringe weitreichende Assoziationsketten zu bilden, Sprachhülsen spazieren zu führen ("Da werden auf eine super ambivalente Art gleichzeitig so viele - sich v.a. auch diametral gegenüberstehende - zeitgenössische Subjektkonstruktionen und deren Bedürfnisse vorgeführt, das man als Betrachterin mit seinen Reaktionen eigentlich nur ins Fettnäpfchen treten kann") anstatt mich, mit dem Gemeinwohl zu beschäftigen?


Das und nur das zeichnet den Schnösel aus. Eine armanihosentragende Indifferenz gegenüber den Dingen der Welt (jenseits der Akkumulation eigenen Kapitals. Ob monetär oder kulturell macht für mich keinen Unterschied). Auf dem Campus kommt das cool, ich weiß. In den Industrie- und Gewerbegebieten dieser Nation gilt das als asozial. Nicht ganz zu unrecht.


Der Friedensnobelpreis ging einmal an eine Frau, die Mikrokredite vergeben hat. Warum? Weil es ein Akt von Nächstenliebe ist, Menschen aus der Bedeutungslosigkeit herauszuhelfen. Eine partizipative aus einer marginalisierten Position zu machen. Diese Aktion ist Interferenz statt Referenz. Sie verweist nach Vorne, statt nach hinten. 


Die hier streitgegenständliche Aktion der F.H. zitiert diesen Gestus lediglich. Und, dies ist meine These, entwertet ihn dadurch. Verhält sich ihm gegenüber parasitär (klar, natürlich auf einer Linie des autonome-Kunst-Postulats des Dramaturgie-Studiengangs an der Goethe-Uni, brav, artig...). Das ist nicht nur kollateraler Schaden. Ich denke das ist intendiert. Insofern natürlich schon irgendwo ein politisches Statement: "fliegt nach Afrika, weil es ist lustig. Scheiß auf alle Regeln. Likes über alles. Themen gibt es nicht mehr. Bitte langweil mich nicht mit irgendwelchen Interessen von irgendwem. Solange ich mein E hab und meinen Drehtabak bewege ich mich kein Stück auf andere zu. Und bitte GEH NICHT WÄHLEN" 




2


Was wäre zum Beispiel so eine Semiotik der Akademiker? Was machen Akademiker? Kaffe trinken. Ja, nicht nur. Sie zeigen auch Entwicklungslinien auf. Sie kennen Diskurse. Droppen Names. 





Es funktioniert. War ja auch in der Kunstaktion angelegt. Das stiftet Identität. Untereinander. Hey, ich kenne auch die Sache, auf die sich bezogen wird! Intertextualität wirkt im Gehirn stimulierend, wie ein Like auf Facebook. Neurologischer Fakt. Ein Video, per se nicht spannend, wird, wenn man es dementsprechend auflädt, zu einer Schatzkiste an Peer-group-defining Referenzen 


(problem: preaching to the choir) Man kriegt vielleicht Lob von seinem former Uniprof. Aber seiner ggf. "prekär" lebenden eigenen Oma könnte man niemals guten Gewissens erklären was man da macht. Die würde wahrscheinlich einfach schulterzuckend sagen: "aliqui usui est?". Hat sie auch recht. Klar, ihre Weltsicht ist beschränkt. Aber genau das macht sie vielleicht so klar


Ich war mal dabei als bei der Bahnhofsviertelnacht echte Sexarbeiterinnen über ihren Job diskutiert haben mit echten Akademiker*innen. Zwei verschiedene Weisen zu sprechen. Die Sprache der zweiteren: Clean wie eine japanische Bahnhofstoilette, sozusagen Gummihandschuh. Macht sich nicht schmutzig, niemals. Aber trifft eben auch nicht die Probleme und Nöte der Betroffenen (die sie so gerne treffen würde, weil das ja immer ihr Gestus ist, ihre Existenzberechtigung: Kämpfer für die Gerechtigkeit Ist eigentlich deren Türhüter). Gibt sich nur als deren Advokat. 


Es ist lustig, dass schon der Name des Kollektivs die Bewegung präfiguriert, die diese Art von Kunst versucht, mE.: Frankfurter Schule = hartes Brot, nur für die gebildeten 5% verständlich, ein Wort eingefügt, kommt auf einmal extrem Ghetto, groundig, Adidas-Jogginghose rüber, aber natürlich ist die wichtigste Ebene, die der Ironie, dieses Refugium der Bedeutungsverweigerer, am dominantesten. Wenngleich nur in kleinen Dosen eingesetzt. Hier: was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? Also natürlich geht es bei linken Denkern mitunter um Klassenfragen, irgendwie, aber warum sollte sich ein Kollektiv so nennen? Empfinden die sich so? Oder machen die sich über Hauptschüler lustig? Und wer nur ein kleines Präfix anfügt um etwas so sehr anderes zu behaupten, schert der* oder die sich überhaupt um Bedeutung und Klassenfragen? Aber wer wäre man zu unterstellen, dass nicht? Voila Ironie. Voila Diskursverweigerung. 


Ich fände es einfach gut, wenn diese Leute innerhalb ihrer Zirkel Zuspruch kriegen, wenn sich also mitte Zwanzigjährige von fünfzigjährigen A-14 Leuten loben lassen, aber wenn es darüberhinaus, um da mit Kafka anzukommen, anerkannt wird und konsequent gehandhabt wird, dass das kein Beitrag leistet, der wertig ist. Wenn man das als Diebstahl ahndet (ein Eigentumsdelikt, das auf Akkumulation zielt, siehe oben) und davon absieht, Finanzierungsschwierigkeiten solcher Akteur*innen im echten Leben als gesellschaftliches Versagen zu dramatisieren. Its just the name of the game

Kommentare

Anonym hat gesagt…
common goods? do you really beleife such thing exists? Or are you only pretending to sell your socialist solidaryty bullshit???
SlämSchläm hat gesagt…
Danke für den Kommentar : Wir haben die Storichtung nicht verstanden freuen uns aber über eine ausführlichere Darlegung LLG Janina
Anonym hat gesagt…
jooo kiff mal weniger beim schreiben
SlämSchläm hat gesagt…
Danke für den Kommentar : Wir haben die Storichtung nicht verstanden freuen uns aber über eine ausführlichere Darlegung LLG Janina

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