Annotations zu einem Dramaturgen nach NMS -- Die feige Kommentarrubrik
Überschrift: (Natürliche) AUSLESE
Gesangsübungen
Es gibt einen Kanon: Mitsingen dürfen Brecht, Castorf, Schleef, Theaterkombinat, Mark Lammert, weil er die Farben selbst angemischt hat und Wanda Golonka, weil sie uns nicht hinters Licht führt, sondern ganz nondirektiv dazu einlädt, auf der Hinterbühne herumzuschlendern und ein bisschen im Schnürboden zu schaukeln [die MÄDCHEN, die aufgerufen wurden, freuen sich ungemein. Tränen der affection werden vergossen, fast sieht es so aus, als ob sie sich von ihrem Triebe leiten lassen, und nicht bedenken, dass sie nun im Sinne Heidis singen müssen, was auch immer auf dem Repertoire steht.]
Dehnübungen
Und es gibt einen traurigen Klavierspieler, der steht bedröppelt Nebendran. Er heißt Janik Hauser. Er war nicht beim Sport, als alle anderen ihre Dehnübungen machten, und so ihre Gelenke für das steinige Gelände flexibel werden ließen. Es ist Stabhochsprung, wenn einem ein studierter Choreograph und nebenberuflicher Masseur sagt, er wisse alles über den Kapitalismus, weil er ein paar Bänker durchgeknetet hat. Jetzt möchte er einen Whitecube in die Taunusanlage stellen, mit sich darin, im Toxedo. Ich laufe an, die Glasfaser biegt sich zum verbrechen (wenn man im Bilde bleiben will, ist der Sprungstab das, was ich über Sexarbeit in der Juravorlesung aufgeschnappt habe und ein bisschen Achtsamkeitsgelaber "Der Körper als Archiv, bla, bla" [er hört mir ohnehin nicht zu. schaut nur in den Bierschaum, der exponentiell verfällt, und wünscht innerlich, dasselbe möge ihm vergönnt sein, die öffentliche Bewunderung seine Angst zu Staub zu werden, für ein paar Tage überdecken]) ich hebe ab, für einen kurzen Moment. Zum Glück habe ich auch schon eine halbe halbe getrunken, sonst könnte ich das hier nicht vertreten, aber RUMS, scheitere an der Messlatte! Wer zur Hölle hat die nur so hoch gehängt?
Kompetenz ≠ Performanz
Ein Neuer Tag. Wir befinden uns auf der Probebühne im Frankfurt LAB. Auftritt der Klavierspieler, der sein Notenheft vergessen hat. Er spielt nicht nach Partitur sondern begeistert mit improvisierten Variationen nach Schiller, Rancière, Brecht, etc.-- eine hirnverbrannte Zettelsammlung, ein Ritt, in etwa so kommensurabel, wie ein Abba-Madley, das alles mit einem Coffee-to-go-Becher in der Hand. Gut schaut er dabei aus. Entschlossen. Als würde man ihm schon zustimmen, wenn man ihn verstehen würde. Als könnte man schon auch selber mal wieder ein wenig Foucault lesen... Doch dann sind die 45 Sekunden Monolog auch schon vorbei. Und man bemerkt, dass man gar nicht zugehört hat, im Kopf bei der Passage war, an der man letztes mal den Anschluss ein wenig verpasst hatte. Da sollte man vielleicht dieses mal probieren, einen Bruch zu spielen. Lustig, eben hatte der Klavierspieler etwas geredet von Räumen der Unterbrechung. Es ging da irgendwie um Aristoteles, Chantal Mouffes und darum die Welt mit Kunst zu verbessern. "Klingt cool.". Vielleicht war man ja gar nicht so weit voneinander entfernt...
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