Kaleidoskop Freiham / Relational Art / Longega / Philanthropie
Ich muss immer wieder in sein Gesicht schauen. Der angeschossene Mann. Es geht mir nicht mehr aus dem Kopf, wie damals, als ich so töricht war, für ein Referat den Anschlag auf Charlie HEBDO zu streamen.
Nichts war mehr, wie davor...
Oder die Fallschirmjäger, die die Frauen verstümmelten und vergewaltigten...
Wie soll ich schreiben, wenn mein lymbisches System auf Kampf ist....?!
Apropos Kampf. Der angeschossene Mann steht schnell wieder auf. Er liebt das. Was er spürt, habe ich andernorts mit den Blessuren der Castor-Blockierer und den Wasserwerfer-Hämatomen beschrieben. Es geht um Resonanz. Um ein Verortet-Sein. Um eine Grenzziehung. Um Wirken-in-der-Welt. Niemals war die eigene Kraft so spürbar!
Ich muss aufhören. Ich laufe gefahr, den angeschossenen Schützen zu glorifizieren. In zu kühren, bevor ihm die Krone überhaupt verliehen worden ist.
Ich muss mich zurückziehen in meine Mikroutopie. In meine Bubble. Hier gibt es genug zu entdecken... Zu tasten, riechen und schmecken...
Freiham also. Der Ort, der wie der Phönix aus dem Reisbrett entstanden ist. Ein überjüngter Avatar-Phoenix in dessen Aura niemensch mehr ein Ehrenamt macht, aber jedermensch sehr heiß ist auf einen zweiten Parkplatz für eine Auto. Und bitte noch einen fürs Lastenrad.
Dort wird outdoorküche aufgebaut und Filmprojektion. Auf die Brachwiese. An sich genau das, was es in FH nicht zu geben scheint: unkuratierte Interaktion. Austausch abseits des Kapitals. Und dennoch kommt so gut wie niemensch.
Ich habe eine Theorie. Das Reisbrett ist Schuld. Die Kubatur. Ludwig der 14. (1)
Die Philanthropie ist hier nur ein Stachel im Fleisch, der von dem Gesamtkörper nur abgestoßen WERDEN KANN. Keine Chance auf Infektion.
Kunst machen in Zeiten der Adipositas. (2)
Nur -- wie kann das überhaupt gehen? Wilhelm muss weiter suchen. Raus in die Welt. Reisen, bis er den Ort gefunden hat, an dem das Dorf ist, das es braucht um ein Kind aufzuziehen.
Und sei es zwischen den Wassern.
Dort, wo -- 1000 Meter über dem Meer, mitten in den Bergen -- die Fahrenden
ihre Seele wiedereinpendeln können.
[hier wäre Raum für Zitate von den Menschen des Longega Kollektivs. Etwa:]
“Wir sind eine Ansammlung von Nomaden”
“Wir sind Nachtwächter”
“Wir sind Gemeinschaftsstiftende”
“Ich finde, wir sind Forschende” etc. pp.
Heilsam ist das in jedem Fall.
In Zeiten der Cholera ein unvergifteter Quell.
Ob es indes das Ziel der Sendung ist,
bleibt abzuwarten.
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(1)
Zitierte Literatur: BURKE, Peter: Ludwig XIV.: die Inszenierung des Sonnenkönigs, Berlin Wagenbach 1993, S. 113.
(2)
Han, Byung-Chul. "Agonie des Eros. 3." Aufl. Berlin: Matthes & Seitz (2013).
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