Ocean Voung -Revision
Das war mal wieder nur gehässiges Gerede. Ich habe natürlich keine Ahnung von Lyrik. Ich habe 4 Jahre Germanistik studiert, aber ich habe keine Ahnung, das muss ich zugeben.
Ich kann demzufolge nicht beurteilen, ob das, was Vuong schreibt als "seicht" bezeichnet werden kann. Sagen wir, es war ein Ressentiment gegen den Text, der vielleicht aus meinem heteronormativen Bias geboren wurde. Das Lyrische ist assoziiert mit Feinfühligkeit, mit einer Absage an Präzision, an ein (juristisches) Verständnis von Sprache als Trennung, als Schwert, als Ordnungsinstrument. Und wahrscheinlich kam mir dieser queere (text-)Körper da einfach ein wenig quer und dann ist es mir sauer aufgestoßen und dann wurde ich zornig und habe wieder aus Zorn geschrieben. Das sollte man eigentlich nicht machen, genauso wie man nicht hungrig im Supermarkt einkaufen gehen sollte.
Die Frage, was ich aus dem streitgegenständlichen Roman herauslese, geht also in die nächste Instanz. Sagen wir so: es gehört einiges an Mut dazu, mit seiner Mutter eine Aussprache zu wagen. Das würde ich als Kern des Textes bezeichnen (auch wenn das Feuilleton sich auf das kulturanthropologische und identitätspolitische Momentum versteift). Und während Kafka in seinem Brief die Überlegenheit über den Vater versucht herzustellen, haben wir es hier vielleicht eher mit dem Versuch zu tun, mit der Mutter auf Augenhöhe zu kommen. Die Überlegenheit, die ein für die Mutter übersetzendes Kind (man denke nur an die Ochsenschwanz-Episode) aus der zweiten Generation von Migrant*innen zwangsläufig außerhalb des Oikos hat, soll mithilfe der Briefe, so scheint es mir, befriedet werden. Befriedet deshalb, weil man im Krieg mit sich selber ist, wenn man sich seiner Mutter überlegen fühlt. Der Text rekrutiert daher alles an Liebe und Mnemosyne um diesen Krieg zu beenden.
Für mich persönlich, als ein Leser unter Tausenden, ist der Text ein Zeugnis von und ein Plädoyer für diesen Mut. Dieser Umgang mit der Vergangenheit, der Sprache, der Mutter ist zeitgleich eine Absage an einen heteronormativen Gestuß viriler Sprache. Eine Sprache, die festzurrt, eine Sprache die Kategorisiert, eine Sprache, die zerstört und sich die Realität unterwirft, zum Untertanen macht (man denke hierbei an das Kapitel zur Frage, ob "Zerstörung notwendig für Kunst sei", wobei diese Frage notabene von einem weißen Mann aufgeworfen wird, vgl. S. 195)
Außerdem obliegt es wahrscheinlich nicht mir, den Kern der postmigrantischen Problematik zu benennen, wie in dem erstinstanzlichen Zugriff auf den Text geschehen. Das sollen andere* machen, die auch betroffen sind. Ich schweige lieber. Höre zu. Und lerne. Verlerne. Wahrscheinlich ist dies eine friedlichere Art, mit Sprache umzugehen. In dem Sinne
Peace out
ich bin draußen wie Hygienedemos
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