on equality

 Ein mE nach kluger Philosoph der Zeitgeschichte hat einmal gesagt: 


"In gerade hippen Diskursen über Abbau von Diskriminierung im Alltag wird oft die Formulierung verwendet, man solle den Gruppen, deren Lebensrealität man nicht kennt doch erst einmal zuhören. Mich irritiert das ein wenig. Denn ungeachtet dessen, dass es natürlich entwürdigend ist, zum verstummen gebracht zu werden, wenn man etwas vorbringen will, was mit den eigenen Lebensgrundlagen zu tun hat, darf man nicht vergessen, dass ein Rederecht als solches noch nicht nährt. Viel wichtiger ist doch, und das wird, wie ich vermute, gerade aus strategischen Gründen kleingeschwiegen, vor wem man sich äußern darf, zu welchen Fragestellungen, in welcher Art und Weise, und ob meinen Worten dann ein appellativer Charakter zugestanden wird."

 

Daran fühlt sich vielleicht so manch einer erinnert, der oder die* in letzter Zeit bei einem Konferenzmeeting teilgenommen hat. Von Rededominanz ist dort mitunter gerne die Rede. Denn sie ist das Schreckgespenst einer ganzen Generation, so scheint es. Wie BSE als es das noch gab. Wenn sie besiegt ist, dann können sich, so wohl die Idee, alle entfalten, alles blüht, alles glänzt.

Anders in meinem Master. Ich sag jetzt mal nicht welcher. Da gab es die Kanzel. Und es gab die Kirchenmäuse, die zwischen den Fugen mal eine diskursive Nische besetzen konnten. Aber dennoch hatte man nie das Gefühl, dass man nicht zu Wort kommt. Dieses Paradox möchte ich mit dem Artikelchen hier beleuchten. Klar gab es Leute, die meinten: Ich traue mich gar nichts zu sagen... Es wird einem mitunter übers Maul gefahren...

Aber die waren stark in der Unterzahl. Und haben selbst die Redeordnung auch nicht per se abgelehnt. Ich frage jetzt mit Nachdruck: WARUM?

Ich denke das Ganze hat mit einem Verständnis von Wissensvorsprung zu tun. Man kann jemandes Wissensvorsprung als einschüchternd betrachten. Oder sich darüber empören. (Oder ein zeitgenössischer Move ist auch ganz frech zu fragen, WAS WISSEN ÜBERHAUPT IST, ob ES WISSEN ÜBERHAUPT GIBT -- fair enough, für diese Leute habe ich keine Ausbildung, ich verweise an das Bundesamt für Impfgegnerschaft und die Forschungseinrichtung zur flat earth.) Aber man kann auch dankbar sein, dass man mit einer Person mit Wissens- (oder Erfahrungs-) Vorsprung in einem Raum ist und alles versuchen, ihre Aufmerksamkeit auf die Fragestellungen zu lenken, die einen selber beschäftigen insofern (und nur dann, das ist der Joke) diese Person kompetent ist, dazu etwas zuträgliches zu sagen. 

Denn daraus besteht auch ein Diskurs. In einer gewissen Unterordnung unter das als bekannt vorausgesetzte. Unter dasjenige, was gerade als Thema ausgerufen wurde. Unter den durchschnittlichen Wissenshorizont meiner Gegenüber*. Unter eine Pyramide von Fragen, Unterfragen, Thesen, Definitionen als Geschäftsgrundlage (nicht als unverrückbare Bibel). Mit Hackordnung hat das erst einmal gar nichts zu tun.

Aber es wird so gelesen, ich weiß es ja. Habe es ja erlebt. … Und dem Vorsprung als solchem somit der Kampf angesagt. So entsteht, das ist die Utopie, eine perfekte Parität der narzisstischen Erlebnisse. Das Wort ist von einem heißgetretenen Spielball des freundlichen Meinungskampfes zu einem staubtrockenen Sandkuchen verkommen, der in pedantisch gleich große Stücke aufgeteilt werden muss.  

Der Witz ist (ein Schelm, wer Ideologieverdacht hat), dass durch diese Semiotik des Verteilungsschlüssels der Eindruck entsteht, Aufmerksamkeit per se wäre das einzig erstrebenswerte gut. Etwas sagen zu dürfen hieße schon etwas zu gelten. Das Marmeladeglas sei die Marmelade.


So ist das nicht. Wer das denkt, tut denjenigen einen Gefallen, die davon profitieren, dass berechtigte Forderungen nach Parität, Anerkennung oder auch ganz konkreten Ressourcen durch einen Kindergeburtstag sublimiert wird. Alle schweigen betreten, während am Ende des Tisches einer scheitert beim Auspusten mangels Lungenvolumen, weil hey, Geburtstagskind und so, Etikette, bla bla blub.


In Hundert Jahren wird man auf diese Epoche zurückblicken. Seinen Enkelkindern Rechenschaft ablegend. Bezüglich der Frage: Was wurde Euch als erstes abtrainiert? Was ist erst später verkümmert?


Gute Frage. Werden wir sagen. Ich glaube der Impuls zu bewerten, ob man gerade im Moment bereit ist, einer Person Aufmerksamkeit zu schenken, weil sie einen voranbringt. Weil sie die Sache voranbringt. 


Diese Einschätzungprerogative eines jeden Subjekts empfinde ich als grundlegenden Ausdruck personeller Autonomie. Als Ausfluss des verbürgten Würdeanspruches eines jeden denkenden Menschen. Werden wir sagen.


Stattdessen immer trendiger ("trending in Germany") 




Der Kampf aller gegen alle. Narzisstischer Kollektivsuizid eines einst gesund denkenden Körpers

 


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Lit.

P. Watzlawick: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? 

Marschall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation / Miteinander Reden

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