Editorial / Partikularismus / 41 Leser*Innen für den Artikel über den Drama-Studiengang an der Goethe-Uni
41 Leser*Innen für den Artikel über den Drama-Studiengang an der Goethe-Uni. Nach einer Woche.
So viel wie sonst nicht
Ich finde das interessant. Es deckt sich mit meinen Beobachtungen, dass die Leute viel lieber in ihren mini Peers abhängen, dort über Outfits oder Sprachnuancen lästern, anstatt in einem klassischen Sinne politisch zu denken. Das heißt für mich nämlich sich zu fragen, wie wir alle leben wollen. Nicht nur die Müller-Schöll-Jünger dieser Welt. Aber solch ein denken ist eher out. Ich denke es ist auch vielen zu komplex. Leichter natürlich mit einer begrenzten Anzahl von Sprachlabels (problematisch, indiskutabel, fragwürdig, inkorrekt) hinaus in die Welt zu gehen und sich einen Gegenstand zu suchen, der vermeintlich meinen eigenen Geltungsanspruch unterminiert. Zack Label drauf. Feuer frei.
Ich beziehe mich mit dieser Argumentation nicht etwa auf meinen eigenen Erfahrungsschatz als fragil männliche Cisperson. Zumindest nicht ausschließlich ;) Ich lese eine linke überregionale Zeitung als Printausgabe (und bezahle dafür, als einer der wenigen Menschen, die ich kenne). Ich lasse eine diverse Redaktion entscheiden, was ich für Meinungen zu hören bekomme, und nicht so wie die meisten linken Vögel, die ich kenne einen ausgeklügelten, geheimgehaltenen Algorithmus eines Millionenkonzerns. (Hasst Ihr ganzen linken Leute diese Millionenkonzerne nicht so sehr? Ich dachte, da war was.) Und da bekam ich heute zwei weibliche Stimmen zu lesen (heutige Ausgabe) die jeweils eine bestimmt vorgetragene Distanz einnahmen zu einem kitschigen akademischen pseudo Antirassismus einerseits und zum elitären outgrouping zahlreicher feministischen Akteur*innen andererseits, die so formuliert das Agoda, eher psychologisch als politisch denken. Ich möchte auf meinen Beitrag zu dem seriöse Mieter-Projekt auf diesem Blog verweisen, den ich als gut gelungenes Beispiel dieses neuen linken Partikularismus bezeichnen würde.
Die Leute reden viel lieber übers Große Ganze (den "Kapitalismus", den Neoliberalismus, den systematischen Rassismus) weil sie dann niemals konkret werden müssen. Sie müssen niemals eine Argumentation führen. Es reicht Dinge "anzuprangern" um sich sodann als "reflektiert" womöglich sogar "kritisch" zu bezeichnen und somit moralisches Kapital zu suggerieren. Aber ich hör nicht mehr zu. "Ich mach mein iPod an und alles was ich hör ist...."
Ich habe mich von diesem Sprech glaube ich endgültig distanziert. Ich bin es leid. Ich suche nach einer neuen Sprache um wieder wirklich angreifbar und kommunikativ zu sein. Ehrlich zu mir selber. Und den Leuten, die sich entscheiden in den Diskurs einzusteigen / zurückzukehren. Und ich fange heute an. Mit dem Versuch zu beschreiben, was mich so aufgekratzt hat bei der Lektüre von Katja Lewinas Sie hat Bock. Bitte verzeiht es mir, wenn ich dabei darauf verzichten werde meine eigenen Schwächen und Unsicherheiten zu verleugnen, wie das doch eine gängige Praxis ist unter kontemporären linken BOYYS*. Sie verwechseln immunisierende Selbstanklage mit einem konstruktiven Zugang zur eigenen Vulnerabilität. Verleugnen die toxischen Komponenten der eigenen Maskulinität, anstatt Verantwortung dafür zu übernehmen.
Ich finde kein Schlusswort. Zu sehr Bock darauf, sprachlich endlich mal wieder ich selbst zu sein.
Viele Grüße
Die Chefredaktion
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